Einraumen,

2013, Raum — Körper — Wahrnehmung
Ort: Thessaloniki
Material: 4 Metallstangen, weißes Tuch, Folie
Raum — Körper — Wahrnehmung

Meist bestehen Räume, so wie wir sie kennen, aus einem Boden, vier Wänden, einer Decke und einer Tür. Die Tür ermöglicht das Betreten des Raumes, markiert den Ort, wo dies möglich ist. Gleichzeitig können wir, wenn wir den Raum erst einmal betreten haben, ihn durch die Tür auch wieder verlassen.

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Über sie können wir beispielsweise Schutz suchen in einem Raum. Genauso bietet das Wissen um die Tür auch Schutz, wenn wir den Raum wieder verlassen wollen. Die Tür bietet uns also eine gewisse Sicherheit und Ordnung, sie bringt Regeln mit, die wir verinnerlicht haben, an die wir uns halten können. Die Wände begrenzen den Raum. Bieten Sichtschutz. Vielleicht Geborgenheit. Sie können auch einengen. Es sind Elemente, die wir als unnachgiebig kennen und die wir ebenfalls selbstverständlich voraussetzen, wenn wir an einen Raum denken. Auch sie gehören in unserer Vorstellung vom «Raum-Sein» dazu. Was passiert, wenn wir einen Raum vor uns haben der keine Tür hat? Dessen Wände transparent und elastisch sind? Wie verändert sich unsere Körper- und Raumwahrnehmung wenn wir auf solch einen Raum treffen? Ihn betreten? Wie wird ein solcher Raum überhaupt betreten? Wie fühlt es sich an einzutreten und was nehmen wir wahr, wenn wir schließlich in solch einem Raum sind? Wie ist es, den Raum wieder zu verlassen? Wie wirkt der leere Raum auf uns? Was löst der Vorgang des Betretens und Austretens in uns aus? Was im beobachtenden Betrachter? Diesen Fragen wollte ich nachgehen und sie untersuchen. Ich habe also einen Raum erschaffen ohne Tür und mit Wänden, die transparent und flexibel sind. Eine mittig über der Installation platzierte Kamera zeigt den Raum und weiter den Vorgang des Betretens und wieder Austretens. Entstanden ist ein Film von 7:05 Minuten Dauer. Er zeigt zunächst den leeren Raum. Dann bewegen sich vier Menschen ins Bild und kommen, je vor einer Wand zum stehen. Sie betrachten die Wand vor der sie stehen, schauen sich durch die Folie an, beginnen die Wand abzutasten. Lehnen sich dagegen. Drücken verschiedene Körperteile gegen die Wand. Durch die Flexibilität der Folie wechselt Innen- und Außenraum dynamisch sein Volumen. Nach und nach brechen einzelne Körperteile der Protagonisten durch die Folie und dringen in den Innenraum. Mal ein Fuss, dann eine Hand, ein Kopf, schließlich ein ganzer Oberkörper. Jeder auf seine eigene Art, bewegen alle Vier sich in Richtung Raummitte, aufeinander zu. Bis schließlich alle Vier auf dem weißen Boden zu liegen kommen. Dort bleiben sie eine Weile liegen, bevor sie sich wieder aus dem Raum bewegen und der Film den wieder leeren Raum zeigt, mit nun teilweise gerissenen Wänden, wo Folie sich leicht im Wind bewegt. Einer der Protagonisten des Filmes bin ich selber. Während des Betretens des Raumes habe ich zunächst in erster Linie meinen Körper wahrgenommen. Erst durch körperlichen Einsatz wurde überhaupt ein Betreten möglich. Raum- und Körperwahrnehmung haben begonnen ineinander zu fließen. Ich habe also die Folie berührt, Druck ausgeübt, eine Spannung aufgebaut, bis schließlich die Folie gerissen ist und ich in den Innenraum vorgedrungen bin. Auf diese Weise, in der Körperwahrnehmung sensibilisiert, habe ich den Innenraum sehr intensiv wahrgenommen, ihn direkt in Bezug zu meinem Körper im Raum wahrgenommen. Viel mehr im stetigen und wechselseitigen Dialog, als mir das sonst beim Betreten eines Raumes widerfährt. Mir wurde sehr plastisch bewusst, dass ich, wenn ich den Raum betrete, auch Raum verdränge mit meinem Eintreten. Beim Betrachten des Filmes, habe ich unter anderem eine Geburt assoziiert. Die vier Körper drücken sich gegen die Folie, brechen durch sie durch, scheinen sich zu befreien, auszubrechen. Gleichzeitig bewegen sie sich allerdings von außen nach innen, eigentlich in die entgegengesetzte Richtung die wir erwarten, wenn wir an eine Geburt denken. Eine Spannung, die ich reizvoll finde. Hinzu kommt, dass die vier Körper automatisch in Beziehung treten zueinander. Das eigene Raum-Nehmen habe ich während des Vorganges sehr bewusst wahrgenommen. Im Film kann man den fragilen zwischenmenschlichen Balanceakt, von Raum geben und Raum nehmen, gut spüren.

"Im Rahmen des Land Art- Projektes in Griechenland habe ich einen Cube erschaffen, dessen Fläche vier Metallstangen abstecken. Um diese habe ich transparente Folie gewickelt. Ein weißes Tuch bildet den Boden des Raumes. Nach oben ist er offen."

Meinen Aufrichtigen und Herzlichen Dank möchte ich an: Julia Quentel, Ludger Krause-Sparmann, Carolin Breme und Katrin Hilti richten. Die mir bei der Durchführung, Umsetzung und Weiterbearbeitung so wunderbar zur Seite standen.